Eine Ära geht zu Ende

Nicht nur Regierungen, sondern auch Geschäftsentwicklungen haben ihre Zeit. Bei der Digitalisierung von Dienstleistungen geht es demnächst nicht länger vor allem um Produktivitätssteigerungen.

«Mit den Digital Customer Excellence Portal haben wir ein Ökosystem geschaffen, das Struktur in den Dschungel von Technologie und Trends bringen soll», erklärt Rémon Elsten beim zweiten DCX-Forum. «Und aufgrund der Ergebnisse des DCX-Cockpits können wir fundiert einen Blick in die Zukunft wagen – besser vielleicht als andere, die nicht auf die Aussagen von rund fünfzig teilnehmenden Unternehmen zurückgreifen können.» Wissen gibt Sicherheit. Wer sieht, was Mitbewerber tun oder planen, kann vorausahnen, ob sich eine Investition amortisieren wird. «Was immer wir heute anstossen – es soll in zehn Jahren immer noch funktionieren», so der Managing Partner der Forward Benchmark AG, die den Digital Customer Excellence Report herausgibt.

Drei Entwicklungsstufen

Heute stecken die meisten Firmen noch in der Produktivitätsphase. Sie nutzen Technologie, um im Kundenservice effizienter zu werden. Doch schon in drei Jahren – um 2028 also – wird es nach Meinung der Experten vor allem darum gehen, das Leben für die Kunden so mühelos wie möglich zu machen. Von einer «Effortless Era» spricht Rémon Elsten. «Dabei werden Self Service und Bots eine grössere Rolle spielen.» Im nächsten Schritt – um 2030 – dürften Massnahmen zur Steigerung der Kundenloyalität im Fokus stehen.

Entsprechend der Evolution steigt der Anteil der Vorgänge, die von Maschinen abgewickelt werden. Menschen im Kundenservice, die heute von Technologie unterstützt werden, dürften bald die Hälfte der repetitiven Arbeiten an Bots abgeben. Zukünftig könnten sogar neunzig Prozent der Servicefälle durch technologische Lösungen abgedeckt werden. «Die Menschen haben dann endlich Zeit, sich um die Ausnahmefälle zu kümmern. Heute haben sie ja kaum eine Chance, einen Mehrwert für das Unternehmen zu kreieren.»

Kaum etwas ohne KI

Damit es diese positive Entwicklung gibt, plädieren Forward Partners für rechtzeitige Vorbereitung. «Das Wissen der Mitarbeitenden ist nur zu einem kleinen Teil digital erfasst», warnt Rémon Elsten. «Dabei ist die implizite Erfahrung, die ein altgedienter Angestellter mitbringt, ein wertvoller Schatz. Wir müssen sie mit neuen Tools sammeln, strukturieren und über eine digitale Plattform allen Mitarbeitenden – auch den KI-Agenten – zur Verfügung stellen.» Als ersten Schritt empfiehlt der Experte einen Service-Katalog zu erfassen. Wer macht was wann und wie. Die Daten und Zahlen helfen beim Qualitätsmanagement. «Natürlich wird sich die Ressourcenplanung ändern, wenn künstliche Intelligenz mehr Aufgaben übernimmt.»

Neue Technologie – neue Herausforderungen

Forward Partners steht den zusätzlichen Möglichkeiten, die sich durch die technische Entwicklung ergeben, grundsätzlich positiv gegenüber. Trotzdem ist die Begeisterung nicht uneingeschränkt. «Wenn nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Kunden KI-Agenten haben – wenn also Alexa bei Uber ein Auto bestellt – dann wird die Beziehungspflege schwieriger», so Rémon Elsten. Um trotzdem die Loyalität zu erhöhen, muss man sich etwas einfallen lassen.